Häufig gestellte Fragen – Coronavirus und Vertragsrecht (Teil 2)

Problemstellung, Allgemeines

Die Auswirkungen der Corona-Krise sind nach wie vor deutlich zu spüren und werfen jeden Tag neue rechtliche Fragestellungen auf. Hinzu kommen die unzähligen neuen gesetzlichen Bestimmungen und Verordnungen, mit denen die österreichische Bundesregierung versucht den Schaden sowohl in wirtschaftlicher als auch medizinischer Hinsicht zu begrenzen. So zuletzt auch durch die mit 1. Mai 2020 in Kraft getretene „Covid-19-Lockerungsverordnung“.

In unserem zweiten Q&A-Beitrag zum Thema Coronavirus und Vertragsrecht haben wir wiederum typische Fragen aus unserer tagtäglichen Praxis beantwortet, diesmal insbesondere zu den Themenbereichen Versicherungsschutz, Veranstaltungsabsagen, Reisestornierungen und Problemstellungen im Zusammenhang mit Lieferverträgen.

Versicherungsverträge

a.) Muss meine Versicherung für die Schäden aufkommen, die durch die verordneten Betriebsschließungen oder Veranstaltungsabsagen entstanden sind?
Dies hängt davon ab, welche Art der Versicherung abgeschlossen wurde beziehungsweise, was konkret im Versicherungsvertrag vereinbart wurde.
Betriebsunterbrechungsversicherungen könnten grundsätzlich derartige Risiken abdecken, allerdings stellen diese erfahrungsgemäß in vielen Fällen auf Sachschäden, etwa durch einen Brand oder Wasserschaden, ab. In diesem Fall wären die Folgen durch Covid-19 und die dadurch bedingten behördlich angeordneten Betriebsschließungen nicht erfasst. Werden im Versicherungsvertrag allerdings zum Beispiel behördliche Maßnahmen aufgrund einer Seuche oder Epidemie ausdrücklich angeführt, ist ein Versicherungsschutz durchaus denkbar.
Eine Versicherungsdeckung wäre auch in Fällen sogenannter „All-Risk-Betriebsunterbrechungsversicherungen“ möglich. Derartige Versicherungen sind allerdings sehr teuer und werden daher relativ selten abgeschlossen.
Im Falle von Veranstaltungsausfallversicherungen sind Pandemierisiken in vielen Fällen leider nicht versichert. Wenn diese Risiken allerdings vereinzelt doch versichert sind, werden in der Regel die angefallenen und an Ticketkäufer zurückzuerstattenden Kosten bzw. die Mehrkosten bei einer Verschiebung der Veranstaltung ersetzt. Auch der entgangene Gewinn kann unter Umständen mitversichert werden. Ob tatsächlich ein Schutz im Fall des Veranstaltungsausfalls aufgrund von behördlicher Anordnung besteht, ist allerdings im jeweiligen Einzelfall zu prüfen.
Wenn Unternehmen für Schäden von Vertragspartnern in Anspruch genommen werden, etwa aufgrund ausbleibender Lieferungen, besteht oftmals ebenfalls kein ausreichender Versicherungsschutz, insbesondere auch, da Schäden infolge höherer Gewalt in vielen Versicherungsverträgen ausgeschlossen sind.
In all diesen Fällen jedenfalls zu beachten sind Anzeige- und Auskunftsobliegenheiten gegenüber der Versicherung, um den Versicherungsschutz nicht zu gefährden.
b.) Sie arbeiten als Selbständiger oder Freiberufler und über Sie oder einen Ihrer Mitarbeiter wurde Quarantäne verhängt. Aus diesem Grund können Sie nicht arbeiten, greift hier ein Versicherungsschutz?
Grundsätzlich gilt auch hier, dass dies immer von der konkreten Vereinbarung mit der Versicherung abhängt. Viele Betriebsunterbrechungsversicherungen sehen einen Versicherungsschutz für Ertragsausfälle von Selbständigen und Freiberuflern aus persönlichen Gründen vor, wozu wohl auch Erkrankungen aufgrund des Coronavirus zählen. Eine derartige Versicherung wird von Freiberuflern und Selbständigen vielfach abgeschlossen und deckt meistens sowohl die weiterhin anfallenden Fixkosten des Betriebs als auch die normalerweise privat entnommenen Einnahmen ab.
Auch für die Gastronomie oder Landwirte gibt es eigene Versicherungen, die auch einen sogenannten „Seuchenfall“ abdecken und etwa den Ersatz des entgangenen Gewinns übernehmen.
In all diesen Fällen sind jedenfalls Anzeige- und Auskunftsobliegenheiten gegenüber dem Versicherungsunternehmen zu beachten.
c.) Wenn grundsätzlich eine Versicherungsdeckung gegeben ist, welche Rolle spielen hierbei die Hilfsmaßnahmen der österreichischen Bundesregierung?
Vor dem Hintergrund, dass aufgrund der vereinbarten Versicherungsbedingungen meist eine Schadensminderungspflicht des Versicherungsnehmers bestehen wird, ist davon auszugehen, dass versucht werden muss, staatliche Hilfen so weit wie möglich in Anspruch zu nehmen, um den Schaden für die Versicherung möglichst gering zu halten.

Veranstaltungsverträge

a.) Welche rechtlichen Möglichkeiten habe ich als Besucher einer bereits gebuchten und bezahlten Veranstaltung, die aufgrund der „Corona-Krise“ abgesagt wurde?
Generell wird ein Veranstaltungsvertrag, in dessen Rahmen ein Ticket für eine Veranstaltung erworben wird, als Werkvertrag mit dem Veranstalter zu qualifizieren sein. Hier greifen somit die allgemeinen zivilrechtlichen Regeln über den Werkvertrag. Die Absage aufgrund des Coronavirus ist wohl unstrittig als Umstand zu qualifizieren, der nicht in der Sphäre des Ticketkäufers liegt. Demnach hat der Veranstalter gegenüber dem Ticketkäufer keinen Entgeltanspruch, wenn die Veranstaltung aufgrund von Covid-19 abgesagt werden muss. Der Veranstalter hat nämlich auch für Umstände einzustehen, die aus der sogenannten „neutraler Sphäre“ (die somit niemand verschuldet hat bzw. niemandem zuzurechnen sind) stammen.
Der Ticketkäufer kann insofern den Preis für das Ticket zurückfordern oder sich natürlich auch mit dem Veranstalter auf einen späteren Termin einigen. Schadenersatzansprüche für frustrierte Aufwendungen (etwa Anreisekosten oder die Kosten für die Unterkunft) werden wohl – aufgrund des fehlenden Verschuldens des Veranstalters – nicht bestehen.
Zum Teil zeigen uns Klienten Verträge mit Veranstaltern, wonach den Ticketkäufer die Gefahr für solche Ereignisse trifft und dieser die Kosten tragen muss, obwohl die Veranstaltung abgesagt wurde. Unseres Erachtens sind solche Regelungen in Einzelverträgen oder Allgemeinen Geschäftsbedingungen allerdings als unzulässig zu beurteilen, da gemäß § 9 KSchG Gewährleistungsrechte des Verbrauchers vor Kenntnis des Mangels nicht wirksam ausgeschlossen oder eingeschränkt werden können. Insofern kann argumentiert werden, dass – um eine Umgehung dieser Vorschrift zu verhindern – auch die Gefahrtragungsregeln (wie hier gegenständlich) nicht zulasten des Verbrauchers abgeändert werden dürfen. Diese Meinung wird großteils auch in der österreichischen Literatur vertreten. Ein Ausschluss des Rückerstattungsanspruches im Falle der Absage der Veranstaltung aufgrund höherer Gewalt ist daher im Verbraucherbereich unseres Erachtens nicht wirksam.
Wir empfehlen den Veranstalter mit einer Kopie bzw. einem Foto des Tickets oder die diesbezügliche Rechnung anzuschreiben und die weitere Vorgehensweise möglichst rasch abzuklären.
b.) Muss ich es akzeptieren, wenn mir der Veranstalter anstatt den Kaufpreis zurückzuzahlen nur einen Gutschein ausstellt?
Am 28.04.2020 wurde im Nationalrat ein neues Gesetz beschlossen, welches Veranstaltern die Möglichkeit einräumt Gutscheine an Ticketkäufer auszugeben anstatt den Kaufpreis zurückzuerstatten.
Das Gesetz sieht zugunsten der privaten Kunst-, Kultur- und Sportbranche vor, dass bei Veranstaltungen, die aufgrund der Covid-19-Pandemie zwischen dem 13.03.2020 und dem 31.12.2020 abgesagt werden, die Eintrittskarten nicht mehr in Geld, sondern bis zu einer Höhe von 70 EUR als Gutschein zurückerstattet werden dürfen. Bei Ticketpreisen über 70 bis 250 EUR darf bis zu einem Betrag von 70 EUR ein Gutschein ausgestellt werden, der Restbetrag ist zurückzuzahlen. Für teurere Tickets im Wert von über 250 EUR kann man sich bis zu 180 EUR auszahlen lassen. Für den Restbetrag kann der Veranstalter einen Gutschein ausstellen.
Wird der Gutschein allerdings bis zum 31.12.2022 nicht konsumiert, kann der Ticketkäufer die unverzügliche Auszahlung des Gutschein­wertes vom Veranstalter verlangen.
Gerade unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten ist unserer Ansicht jedoch bedenklich, dass das Gesetz keinerlei Insolvenz­absicherung für die Ticketkäufer vorsieht, wodurch diese letztendlich gezwungen werden, dem Veranstalter einen (zinslosen) Kredit ohne jede Sicherheit zu gewähren.
c.) Welche rechtlichen Möglichkeiten habe ich gegenüber den bereits beauftragten Unternehmen, wenn ich meine Hochzeit aufgrund der aktuellen Lage absagen muss? Kann ich kostenlos stornieren und welche Auswirkungen haben die mit 1. Mai 2020 geltenden Lockerungen der Ausgangsbeschränkungen?
Da gerade in den Sommer- und Herbstmonaten viele private Veranstaltungen wie insbesondere Hochzeiten oder auch große Geburtstagsfeiern geplant sind, stellt sich die Frage, wer letztendlich die Kosten zu tragen hat, sollten derartige Veranstaltungen (mit oft mehr als 100 Gästen) auch in den nächsten Monaten nicht durchgeführt werden können.
Bis mindestens 30. Juni 2020 dürfen nach derzeitiger Rechtslage keine größeren Feiern oder Veranstaltungen stattfinden. Ob und unter welchen Bedingungen Veranstaltungen ab 1. Juli 2020 wieder zulässig sind, kann derzeit nicht vorhergesagt werden. Die österreichische Bundesregierung hat allerdings angekündigt, noch im Mai über mögliche Lockerungen ab 1. Juli entscheiden zu wollen.  Viele Unternehmen wie Caterer, Frisöre, Konditoren oder Fotografen etc. verlangen teils hohe Stornogebühren (bis zu 50 % der Gesamtkosten), obwohl sie ihre Leistungen gar nicht erbringen können.
Generell wird es sich bei den abgeschlossenen Verträgen wohl meist um Werkverträge oder zumindest werkvertragliche Mischformen handeln, wobei dies im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden muss. Insofern kommt es für die Frage, ob die vertraglich vereinbarten Verpflichtungen weiterhin zu erfüllen sind darauf an, ob die Feierlichkeiten aufgrund der zum geplanten Zeitpunkt der Veranstaltung geltenden Rechtslage grundsätzlich zulässig sind oder nicht.
Sind die Feierlichkeiten auch zu diesem Zeitpunkt noch verboten, liegt ein Fall von „höherer Gewalt“ vor. Insofern ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob die abgeschlossen Verträgen diesbezügliche Bestimmungen enthalten und etwa das Risiko einer Absage aufgrund „höherer Gewalt“ einer bestimmten Vertragspartei zuordnen. Wiederum ist unseres Erachtens aber auch hier äußerst fraglich, ob dieses Risiko überhaupt vertraglich auf einen Verbraucher überwälzt werden kann. Derartige Regelungen sind uns allerdings in diesen Verträgen bisher ohnehin noch nicht begegnet.
Grundsätzlich empfiehlt es sich mit den beauftragten Unternehmen eine gemeinsame Lösung wie etwa eine Verschiebung der Hochzeitsfeierlichkeiten zu vereinbaren. Ist dies aus welchem Grund auch immer nicht möglich bzw. kann die Veranstaltung nicht zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden, führt dies zur Vertragsaufhebung. Das bedeutet, dass die eingegangenen Verpflichtungen mit den bereits beauftragten Unternehmen hinfällig sind und bereits erfolgte (An-)Zahlungen rückabgewickelt werden müssen. Somit entfällt selbstverständlich auch die Verpflichtung zur Zahlung des Entgelts. Es müssen somit auch jedenfalls keine Stornogebühren bezahlt werden. Bereits geleistete Anzahlungen sind an das Brautpaar zurückzuzahlen, sofern noch keine Leistung erbracht wurde. 
Nicht ganz so eindeutig ist die Rechtslage allerdings im Falle von Hochzeiten, die ohnehin nur mit einer kleinen Anzahl an Gästen geplant waren und deren Durchführung somit aus rechtlicher Sicht generell zulässig wäre. Hier können Stornokosten grundsätzlich gerechtfertigt sein, wenn sich das Brautpaar, etwa aus Angst vor möglichen Ansteckungen, dennoch zu einer Absage der Feierlichkeiten entscheidet. Die Höhe der Stornokosten hängt dann wiederum von der jeweiligen vertraglichen Regelung ab, wobei auch hier im Einzelfall zu prüfen ist, ob sich diese noch im zulässigen Bereich bewegen. Entscheidend für die Frage, ob die Feierlichkeiten durchgeführt werden können oder nicht, ist unserer Ansicht nach für wie viele Personen reserviert wurde und wie viele Personen zum Zeitpunkt der Hochzeit tatsächlich aufgrund der einschlägigen Gesetze und Verordnungen an der Feier teilnehmen dürfen. Das Brautpaar kann somit auch nicht „gezwungen“ werden die Anzahl der Gäste zu verringern, um die Veranstaltung doch gemäß der geltenden Rechtslage durchführen zu können.
Zwar sind die strengen „Ausgangsbeschränkungen“ mit 30. April 2020 außer Kraft getreten und dürfen seit 1. Mai 2020 auch kleine Veranstaltungen mit bis zu 10 Personen wieder durchgeführt werden, allerdings wird dies nur einen Bruchteil der Hochzeitsfeierlichkeiten betreffen, da meist mehr als 10 Gäste eingeladen sind. Die überwiegende Mehrzahl an Feierlichkeiten wird somit auch trotz der beschlossenen Lockerungen in den nächsten Wochen und vielleicht auch Monaten nicht stattfinden können.
Jedenfalls möchten wir auch noch einmal darauf hinweisen, dass Vereinbarungen, die Sie jetzt mit den beauftragten Unternehmen treffen immer schriftlich also zumindest per E-Mail abgeschlossen werden sollten. Zudem ist im Falle von Anzahlungen besondere Vorsicht geboten, da gerade derzeit unklar ist, wie es um die wirtschaftliche Lage des Unternehmens steht und eine Insolvenz in den nächsten Monaten nicht auszuschließen ist.

Reiseverträge

a.) Ich kann aufgrund der aktuellen Lage meine bereits gebuchte Reise nicht antreten. Kann ich kostenlos stornieren?
Grundsätzlich hängt die Frage, ob das Stornieren einer Reise kostenlos ist, von der Art der gebuchten Reise ab. Hier ist vor allem zwischen Pauschal- und Individualreisen zu unterscheiden. Im Gegensatz zur Pauschalreise, die eine Kombination von mehreren Reiseleistungen darstellt – meist Beförderung und Unterbringung – werden bei Individualreisen Beförderung und Unterbringung getrennt und meist direkt vom Kunden gebucht.
Im Falle einer Pauschalreise kann man kostenlos vom Reisevertrag zurückzutreten, wenn die Reise unmöglich oder unzumutbar geworden ist. Aktuell kann insofern insbesondere dann ein Storno erfolgen, wenn
  • 1.) sich das Reiseziel im Gefahrengebiet befindet (derzeit wohl nahezu jedes Land weltweit),
  • 2.) man in das Land aufgrund eines Einreisestopps nicht einreisen darf oder
  • 3.) der Flughafen geschlossen ist oder nicht angeflogen wird.
Eine Reisewarnung des Außenministeriums ist nicht zwingend erforderlich, würde aber wohl jedenfalls als Rücktrittsgrund gelten.
Ein kostenloses Storno ist allerdings auch im Falle einer Pauschalreise nur dann möglich, wenn der Urlaubsantritt und die Gefahrensituation zeitlich eng beieinanderliegen, wobei von einem Zeitraum von 7 Tagen auszugehen ist. Wenn der Urlaub somit erst in einigen Wochen angetreten werden soll, sollten Sie vorerst noch mit der Stornierung zuwarten, andernfalls werden Stornogebühren zu entrichten sein. Darüber hinaus muss die Pauschalreise vor Bekanntwerden der Pandemie gebucht worden sein. Wer jetzt noch eine Reise bucht, wird somit in vielen Fällen nicht mehr kostenlos stornieren können. Pauschalreiseveranstalter haben grundsätzlich 14 Tage Zeit das Geld zurückzuerstatten.
Im Gegensatz zu manch anderen EU-Ländern (z.B. Italien) muss in Österreich (derzeit) auch kein Gutschein akzeptiert werden, insofern können Sie jedenfalls auf eine Rückzahlung des bereits bezahlten Betrages bestehen.
Anders als bei Pauschalreisen muss man sich bei Individualreisen mit den verschiedenen Vertragspartnern einzeln „herumschlagen“. Dies vor allem dann, wenn der volle Preis bereits bezahlt wurde. Trotzdem sollten auch Individualreisende versuchen, mit den Anbietern Kontakt aufzunehmen, um einen kostenlosen Rücktritt zu erreichen. Unter Umständen stimmen diese auch Lösungen, wie etwa einem Wertgutschein, zu. Auch sollte geprüft werden, ob nicht auch kurzfristige Stornierungen bis 24 Stunden vor der Ankunft möglich sind, wie dies oft bei Hotelbuchungen im Internet der Fall ist.
b.) Ist es möglich, dass die Kosten auch von meiner Reiserücktrittsversicherung übernommen werden?
Für den Fall, dass Sie selbst vor Antritt der Reise an Covid-19 erkranken, könnte auch eine Reiserücktrittsversicherung die Kosten decken, da diese typischerweise das Risiko einer unerwartet schweren Erkrankung des Reisenden erfassen. Eine solche Reiserücktrittsversicherung kann auch in vielen Kreditkartenverträgen inkludiert sein. Oftmals ist aber Voraussetzung für einen Versicherungsschutz, dass der gesamte Reisekaufpreis mit dieser Kreditkarte bezahlt wurde.
c.) Ich habe für meinen Sommerurlaub bereits einen Flug gebucht, der aufgrund der derzeitigen Situation gestrichen wird, kann ich die Kosten für die Flugtickets zurückfordern?
Die Covid-19-Pandemie hat dazu geführt, dass nahezu alle Fluglinien weltweit den Flugbetrieb vorübergehend eingestellt oder zumindest erheblich reduziert haben. Dies hat zur Folge, dass viele der bereits gebuchten Flüge in den nächsten Wochen und wahrscheinlich auch in den Sommermonaten gestrichen werden müssen.
Für den Fall, dass der gestrichene Flug in einem EU-Mitgliedstaat angetreten bzw. von einer EU-Fluggesellschaft durchgeführt worden wäre, richtet sich die Rechtslage nach der Fluggastrechte-Verordnung.
Wird ein geplanter Flug nicht durchgeführt, so handelt es sich dabei um eine Flugannullierung gemäß der Fluggastrechte-Verordnung mit der Folge, dass für sämtliche Flüge, die wegen der Covid-19-Pandemie abgesagt werden, entweder der Ticketpreis zu erstatten ist oder die Fluglinie eine Ersatzbeförderung bzw. eine Umbuchung auf einen späteren Zeitpunkt anzubieten hat.
Verlangt der Fluggast allerdings die Erstattung des bereits bezahlten Tickets, so muss ihm die Fluggesellschaft den Flugpreis jedenfalls zurückerstatten. Sie kann den Fluggast daher nicht ohne sein Einverständnis auf einen später stattfindenden Flug umbuchen, selbst wenn dies die allgemeinen Geschäftsbedingungen so vorsehen.
Vielfach versuchen Fluglinien statt einer Rückerstattung des Kaufpreises Gutscheine anzubieten. Auch dies hat ein Fluggast nicht zu akzeptieren, vielmehr ist es möglich auf die Auszahlung des Betrages zu bestehen, wobei insbesondere das Insolvenzrisiko diverser Fluglinien im Hinterkopf behalten werden sollte.
d.) Kann ich von der Fluglinie darüber hinaus Ersatz für die erlittenen Unannehmlichkeiten verlangen?
Grundsätzlich sieht die Fluggastrechte-Verordnung einen solchen Ersatz vor, allerdings nicht für den Fall außergewöhnlicher und unvermeidbarer Umstände. Solche Umstände stellen zum Beispiel Flughafen- oder Luftraumsperren dar, sofern dadurch die Durchführung des Fluges unmöglich wird. Es ist somit zu unterscheiden, warum der Flug im jeweiligen Einzelfall nicht durchgeführt werden kann.
Ist dies auf den Umstand zurückzuführen, dass Flughäfen geschlossen sind oder generelle Einreiseverbote bestehen, wird wohl kein über die Rückerstattung des Ticketpreises hinausgehender Ersatz geltend gemacht werden können.
Streicht die Fluggesellschaft den Flug hingegen zum Beispiel aufgrund der mangelnden Nachfrage und somit aus rein wirtschaftlichen Gründen, so wäre dies aber ein Umstand, der aus der Sphäre der Fluggesellschaft stammt. In diesen Fällen kann daher grundsätzlich ein Ausgleichsanspruch geltend gemacht werden. Kein Ersatzanspruch besteht allerdings wiederum dann, wenn die Fluggesellschaft den Flug mindestens zwei Wochen vor dem geplanten Zeitpunkt streicht.

Lieferverträge

a.) Was kann ein Kunde tun, wenn sein Lieferant derzeit nicht abschätzen kann, wann es ihm möglich ist nachzuliefern? Muss der Kunde auch eine sehr lange Frist akzeptieren und auf seine Ware warten oder kann er vom Vertrag zurücktreten?
Grundsätzlich gilt, dass Verträge trotz „Corona-Krise“ weiterhin aufrecht bleiben und vereinbarte Pflichten weiterhin bestehen und zu erfüllen sind. Anderes kann jedoch gelten, wenn eine Lieferung gar nicht mehr erbracht werden kann oder zumindest vorübergehend nicht erbracht werden kann, etwa aufgrund der behördlich angeordneten Betriebsbeschränkungen oder aufgrund des krankheitsbedingten Ausfalls von Mitarbeitern.
Während im Falle einer dauerhaften Unmöglichkeit der Leistung eine sogenannte nachträgliche Unmöglichkeit vorliegt, handelt es sich im Falle einer bloß vorübergehenden Verzögerung um einen Verzug.
Rechtsfolge einer nachträglichen Unmöglichkeit ist, dass, wenn diese unverschuldet eintritt, wie dies aufgrund der „Corona-Pandemie“ der Fall ist, der Vertrag einfach zerfällt. Der Lieferant muss also seine Leistung nicht mehr erbringen, der Kunde keine Zahlung leisten und bereits Geleistetes muss zurückgegeben werden. Mangels Verschuldens ist davon auszugehen, dass keine Schadenersatzansprüche bestehen.
Rechtsfolge des Verzugs ist, dass der Kunde entweder am Vertrag festhalten kann oder von diesem unter Setzung einer angemessenen Nachfrist zurücktreten kann. Fraglich ist allerdings aktuell, wie lange eine solche Nachfrist sein muss. Dies hängt von vielen unterschiedlichen Kriterien ab. So kann etwa entscheidend sein, wie dringend der Kunde die Ware benötigt. Eine konkrete Beurteilung ist nur im Einzelfall möglich. Ist die Dauer der Verzögerung für den Kunden allerdings nicht zumutbar, ist von einem Rücktrittsrecht auszugehen. Diesen Rücktritt muss der Kunde ausdrücklich gegenüber seinem Vertragspartner erklären.
Wichtig ist zu beachten, dass dem Lieferanten in den meisten Fällen kein Rücktrittsrecht zukommen wird. Er muss zu einem späteren Zeitpunkt erfüllen, wenn dies der Kunde wünscht. Denkbar ist auch, dass der Vertrag den Fall einer „höheren Gewalt“ regelt. In diesem Fall richten sich die konkreten Rechtsfolgen nach der vertraglichen Vereinbarung.
b.) Was soll ich als Lieferant tun, wenn ich aufgrund der aktuellen Situation nicht liefern kann?
Wichtig ist es darauf hinzuweisen, dass dem Lieferanten grundsätzlich kein Rücktrittsrecht zukommt, wenn er aufgrund der „Corona-Krise“ nicht an seinen Kunden liefern kann.
Lieferanten sollten zuerst Lieferverträge auf Force-Majeure („höhere Gewalt“) Klauseln prüfen. Wichtig ist es die konkreten Beeinträchtigungen zu dokumentieren, um diese in einem allfälligen späteren Gerichtsprozess nachweisen zu können. Darüber hinaus sollte der Kunde ehestmöglich informiert werden, um so einen etwaigen Schaden möglichst gering zu halten. Derartige Informations- und Warnpflichten können auch vertraglich vereinbart sein.
Allenfalls kann es auch angebracht sein, sogenannte Deckungskäufe durchzuführen, also die Ware auf anderem Wege zu beschaffen, um sie auf diese Weise doch an den Kunden liefern zu können. Schließlich sollte auch geprüft werden, ob etwaige Ansprüche gegen den Vorlieferanten bestehen.
Hinweis:
Dieser Beitrag stellt lediglich eine allgemeine Information dar und ersetzt keine Rechtsberatung. Wir haben diesen Beitrag gründlich recherchiert und unter Einhaltung größtmöglicher Sorgfalt erstellt, übernehmen allerdings keinerlei Haftung für dessen Inhalt und Richtigkeit.
(Stand: 03.05.2020, 12:00 Uhr)
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